Nun muss ich mich doch auch einmal zu ‚WikiLeaks‘ zu Wort melden.

Man denke einmal, jemand würde einen Postboten überfallen, alle Briefe seines Postwagens öffnen und im Web zugänglich machen. Gegenüber dem, was WikiLeaks tut, eine Kleinigkeit. Trotzdem würde der Betreffende die Menschenrechte der Briefschreiber und -empfänger verletzen und könnte deswegen ins Gefängnis kommen.

Wenn es um WikiLeaks geht, lese ich dauernd nur etwas von ‚Pressefreiheit‘. Ja, sie ist ein hohes Gut im Grundgesetz und anderen Verfassungen und unter den Menschenrechten. Aber sollte man dann nicht alle Menschenrechte zitieren?

Das Grundgesetz sagt in Artikel 10 (1): „Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“ Jeder Mensch hat aufgrund seiner Menschenwürde einen Anspruch darauf, Dinge privat einem anderen bekannt zu machen, die sonst keiner erfahren soll. Doch wenn WikiLeaks morgen einen Liebesbrief an meine Frau in die Hand bekommt und sich davon Aufmerksamkeit verspricht, werden die Briefe veröffentlicht. Regierungen können ihrer Aufgabe nicht nachkommen, wenn alles, was sie diskutieren, erwägen und austauschen, öffentlich ist. Wie soll man die Mafia jagen, wenn alle Informationen in WikiLeaks eingestellt werden? Wie soll ein Parlament Kompromisse finden, wenn WikiLeaks überall lauert?

Mancher sagt, dass das Briefgeheimnis im Zeitalter des Internet sowieso nicht aufrecht erhalten werden kann. Aber das Briefgeheimnis ebenso wie etwa das „Fernmeldegeheimnis“ war immer schon leicht zu umgehen. Postkarten konnte man schon immer lesen und trotzdem unterlagen auch sie dem Briefgeheimnis.

 

3 Kommentare

  1. Jörg sagt:

    Die Argumentation ist an sich einleuchtend. Aber wie verhält es sich, wenn der Inhalt des Briefes durch eine frühere/andere Verletzung des Briefgeheimnisses informiert ist und diese Verletzung der Menschenrechte staatlicherseits durch so etwas wie Immunität gedeckt ist (Stichtwort Geheimdienstinformationen)?

    • Thomas sagt:

      Zu Jörg, 24.1.: Sorry für die späte Reaktion: Dann muss eine gesetzliche Regelung geben, welcher Staatsanwalt, welches Gericht oder welcher Untersuchungsausschuss hier Einblick nehmen darf. Nur so ein in sich zerstrittener und von niemand demokratisch legitimierter Haufen wie Wikileak ist dazu sicher nicht geeignet.

  2. Margitta Schuster sagt:

    Dieser Beitrag spricht mir aus dem Herzen. Diese Veröffentlichungen über Wikileak sollten eigentlich strafrechtlich verfolgt werden. Wenn das veröffentlicht wird ohne Einverständnis des Betreffenden auf jeden Fall.
    Wenn jemand einen Blog schreibt, also von sich aus Dinge aus seinem Leben preisgibt, dann ist das seine Sache und er muß damit rechnen, daß darauf auch reagiert wird. Er ist allein dafür verantwortlich.
    Diese Gier nach Dingen aus dem Privatleben der Stars und wer auch immer, sind für mich so uninteressant wie nur was. Ob nun Prinz Andrews seine Verlobte an der Hand hält oder ihr ein Küßchen gibt, das ist doch normal bei Liebenden. Warum muß das so breitgetreten werden. Oder wer was an hat oder trägt – soll sie oder er doch.
    Für mich ist das virtuelle Prostitution, eine Zurschaustellung von Privat-Sphäre. Schlimm ist wenn dafür auch noch Geld bezahlt wird. Aber so ist die Medien-Welt. Wir sind selber schuld dran, weil wir diesen Schund kaufen und anschauen.

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