Treffen mit Evangelischer Allianz von Kambodscha

Thomas und Christine Schirrmacher haben sich in Kambodscha über die wichtigsten Gedenkstätten zu den massiven Menschenrechtsverletzungen der Roten Khmer informiert.

Evangelische Allianz Kambodschas

Norng Chan Pal mit Christine und Thomas Schirrmacher, dem Foto seiner Familie und dem signierten Buch über seine Lebensgeschichte © BQ/Schirrmacher

Norng Chan Pal mit Christine und Thomas Schirrmacher, dem Foto seiner Familie und dem signierten Buch über seine Lebensgeschichte © BQ/Schirrmacher

Eine Einführung erhielten sie vom Generalsekretär der Evangelischen Allianz von Kambodscha (Evangelical Fellowship of Cambodia), Pastor Tep Samnang, dessen ihm unbekannte Eltern unter den Roten Khmer umkamen und der, wie mehr als eine Million anderer Kambodschaner, als Waisenkind aufwuchs. Präsident der Evangelischen Allianz von Kambodscha ist Pastor Sok Sophon.

S-21, Killing Fields

Am 17.4.1975 siegten die Kindersoldaten der Kommunisten, Rote Khmer genannt, unter ihrem Führer Pol Pot („Bruder Nummer Eins“) im kambodschanischen Bürgerkrieg. Am 6.1.1979 wurden die Sieger wiederum von den vietnamesischen kommunistischen Truppen besiegt, auch wenn die Roten Khmer noch bis zum Rücktritt Pol Pots als Parteivorsitzender 1995 und seinem Tod 1998 aus dem Dschungel heraus einen Guerillakrieg führten.

In den weniger als vier Jahren wurden fast alle Kulturgüter des Landes, Tempel, Moscheen und Kirchen, Paläste und Villen, Museen, Kunstschätze und das Nationalarchiv, einfach niedergebrannt, abgebrochen oder auf andere Weise zerstört. Nur die berühmte Tempelanlage von Angkor Wat überlebte im Dschungel weit von der Hauptstadt entfernt.

Massengrab im Killing Field Choeung Ek © BQ/Schirrmacher

Massengrab im Killing Field Choeung Ek © BQ/Schirrmacher

Die etwa zwei Millionen Einwohner von Phnom Penh, dem ‚Paris des Ostens‘, wurden direkt nach der Einnahme innerhalb eines Tages aus der Stadt vertrieben und mussten in der Landwirtschaft schuften, egal welchen Beruf sie hatten. Allein bei der Vertreibung starben 20.000 Menschen.

Schließlich wurde auf den sogenannten ‚Killing Fields‘ des Landes jeder vierte der damals acht Millionen Kambodschaner umgebracht, 1,67 Millionen der etwa zwei Millionen Toten sind namentlich belegt. Prozentual gesehen ist das höher als der Blutzoll von Hitler, Stalin oder Mao. Im Januar 1977 wurde der größere Teil der Parteifunktionäre, vor allem die Gebildeten unter ihnen, selbst Opfer des Blutrausches.

Der Baum in Choeung Ek, an dem Schädel der Kinder zerschlagen wurden © BQ/Schirrmacher

Der Baum in Choeung Ek, an dem Schädel der Kinder zerschlagen wurden © BQ/Schirrmacher

Besonders berüchtigt war das Folterzentrum für wichtige Personen in Phnom Phen in der ehemaligen Schule ‚Tuol Sleng‘, Codename S-21, obwohl mittlerweile bekannt ist, dass es etwa 200 Folterzentren im Land mit jeweils 10.000 bis 60.000 Todesopfern gab. S-21 ist heute eine Gedenkstätte. Starben die Opfer nicht schon während der Folter, wurden sie auf 300 verschiedene sogenannte Killing Fields verschleppt. Um Ressourcen zu sparen, wurden die meisten mit Äxten, Schaufeln und Stöcken erschlagen und dann in Massengräbern verscharrt. Kleinkinder fasste man an den Füßen und schleuderte ihren Kopf gegen einen bestimmten Baum (siehe Foto).

Das bekannteste und für Besucher des Landes am leichtesten zugängliche Killing Field Choeung Ek ist heute neben S-21 die bedeutendste Gedenkstätte des Landes. Bisher wurden 17.000 Schädel geborgen, die in einer Gedächtnis-Stupa zusammen mit anderen Knochen und Kleidung hinter Glas meterhoch ausgestellt sind. Diese Stupa wird allerdings nicht für religiöse Zwecke genutzt; für Buddhisten wurde eigens ganz in der Nähe eine eigene Stupa errichtet.

S-21-Überlebende und ihre Bücher

In S-21 sind bis heute zwei Überlebende anzutreffen, die beide mit Hilfe von wissenschaftlichen Autoren ihre Lebensgeschichte veröffentlich haben, und die Thomas und Christine Schirrmacher trafen:

Cover des Buches von Norng Chan Phal © BQ/Schirrmacher

Cover des Buches von Norng Chan Phal © BQ/Schirrmacher

Bou Meng, Jahrgang 1941, überlebte das Lager als Erwachsener, und Norng Chan Phal, der acht oder neun Jahre alt war, als er zusammen mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder in S-21 eingekerkert wurde. Als das Gefängnis 1979 fluchtartig geräumt wurde, versteckte er seinen kleinen Bruder, und beide wurden zusammen mit zwei weiteren überlebenden Kindern von vietnamesischen Soldaten gefunden und mitgenommen. Sie lebten dann längere Zeit unter den Soldaten. Später wurde er einer der wichtigsten Kronzeugen in den Prozessen gegen die Führer der Roten Khmer. Norng Chan Phal widmete Thomas Schirrmacher namens der ISHR ein Exemplar seines Buches.

  • Kok Thay Eng. Norng Chan Phal: The Mystery of the Boy at S-21. Cambodian Institute for Peace and Development: Phnom Penh, 2018. ISBN 978-996390067.
  • Huy Vannak (2010). Bou Meng: A Survivor From Khmer Rouge Prison S-21, Justice for the Future Not Just for the Victims. Documentation Center of Cambodia. ISBN 978-9995060190.

Dokumentation: Selbstdarstellung von der Internetseite der Evangelischen Allianz Kambodschas

„Die Evangelische Gemeinschaft Kambodschas (EFC) hat eine wichtige Rolle bei der Erleichterung der Arbeit der christlichen Gemeinschaft bei der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus in Kambodscha, bei der Förderung der Einheit der Kirche und der Aufbaufähigkeiten ihrer christlichen Leiter und Gemeinschaft gespielt. Die EFC hat seit ihrer Gründung am 14. Januar 1996 als lokale einheimische Dachorganisation einige positive Veränderungen für den Wiederaufbau Kambodschas vorgenommen. Der WFA ist eine nationale Gemeindebewegung, die von der Regierung als eine der größten Dachorganisationen anerkannt ist, die Gemeinden, Organisationen und Missionen als Mitglieder hat. Die nationale Kirche bleibt einer der potenziell wirksamen Mechanismen, um die Probleme dieser Gesellschaft zu überwinden. Die Kirche kann ein geistlicher Dynamo sein, in dem langfristig eine nachhaltige Veränderung des Lebens stattfinden kann.“

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