(BQ 278, Bonn, 15.11.2013) In einem Beitrag „Die Armenierthematik in der türkischen Innen- und Außenpolitik“ hat der Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der Türkei empfohlen, die Armenierfrage weniger radikal anzugehen, da es dann einfacher sei, auch die moderne die Türkei teilweise entlastende Faktoren zu erforschen und darzustellen.

Der Beitrag erscheint in dem von Bernhard Rill herausgegebene Band 86 „Türkische Innenpolitik“ der Reihe Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen Band 86 der Hanns Seidel Stiftung.

Schirrmacher schreibt:

„Ein weniger lautes Verhalten der Türkei hätte wohl verhindert, dass der Genozid an den Armeniern heute in der Wissenschaft als erster Genozid der Moderne diskutiert wird … und in der Genozidforschung eine solch zentrale Rolle spielt. Man muss deutlich sagen: Wäre die Darstellung der Armeniervertreibung nicht so von Seiten der Türkei blockiert, wäre es viel einfacher, sachlich alle Aspekte darzustellen, auch jene Aspekte, die die Türkei teilweise entlasten. Auch die Frage, ob es einen geplanten koordinierten Völkermord oder nur ein in Kauf genommenes Massensterben von Zivilisten des Gegners im Kriegschaos gab, ließe sich besser ohne das innen- und außenpolitische ‚Theater‘ diskutieren.“

Als Beispiel führt er an, dass man sehr wohl statistisch unterscheiden könne, wieviele der Armenier durch die widrigen Umstände von Krieg und Revolution umgekommen seien und wieviele dem Genozid zuzuordnen seien.

Schirrmacher ist auch verwundert, dass die türkische Regierung so massiv Ereignisse schönredet, die seine politischen Gegner zu verantworten hätten. Er schreibt:

„Das Verhalten der Türkei ist um so erstaunlicher, als sich zum einen die Gründungserzählung der Republik von 1923 dezidiert vom Osmanischen Reich absetzt und zum anderen sich die islamistisch ausgerichtete Regierung Erdogan dezidiert von der kemalistisch-säkularistischen Ausrichtung der Jungtürken sowie von der Vorgeschichte und den ersten Jahrzehnten der Republik Türkei absetzt.“

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