Thomas Paul Schirrmacher, Präsident der International Society for Human Rights (ISHR) und Autor mehrerer Bücher zur Geschichte der Sklaverei, gegen Menschenhandel und gegen Rassismus, hat zwei der bedeutendsten historischen Erinnerungsorte an den interkontinentalen Sklavenhandel in Afrika, nämlich in Ghana und in Sansibar besucht. Beide Orte gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe, einer mit stärker christlichem und einer mit stärker islamischem historischem Bezug.

An der Goldküste Ghanas besuchte Schirrmacher das Cape Coast Castle, eines von etwa 35 historischen Forts an der ghanaischen Küste. Wie auch die meisten anderen Forts an der sogenannten „Gold Coast“ diente Cape Coast Castle als Gefängnis für Sklaven, die für den Verkauf und Transport in die europäischen Kolonien in Nord- und Südamerika gefangen worden waren und in den Kellerverliesen des Forts oft monatelang auf das nächste Sklavenschiff warten mussten, bevor sie schließlich durch einen schmalen Kellergang an den Strand zum Verladen gebracht wurden. Seit 1979 steht Cape Coast Castle auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Der Ghana Heritage Trust betreibt heute in der Burg ein Museum zur Geschichte des Sklavenhandels an der ehemaligen Goldküste. Schirrmacher nahm an einer Kranzniederlegung zum Gedenken der Opfer der Sklaverei durch das Global Christian Forum teil, widmete sich später aber auch alleine dem stillen Gedenken an die Verbrechen, einschließlich der Beteiligung der christlichen Kirchen, die die Sklaverei deckten.

In Stone Town, der Altstadt von Sansibars Hauptstadt, besuchte Schirrmacher den historischen Sklavenmarkt, neben dem später die anglikanische Kathedrale gebaut wurde. Hier hatte der Erzbischof von Canterbury einen Monat zuvor einen Gedenkstein errichtet. Seit 2000 gehört Stone Town zum UNESCO-Weltkulturerbe. Allerdings erinnert der Ort im Gegensatz zu den Orten in Ghana weniger an die christliche Verstrickung in den Sklavenhandel, sondern an die muslimische Verstrickung, war doch Sansibar als Teil von Oman lange Zentrum des muslimischen, ostafrikanischen Sklavenhandels, den die Briten durch den Einsatz David Livingstones 1873 beendeten, dessen einstigen Wohnort Schirrmacher ebenfalls besuchte.

Schirrmacher besuchte auch die der Hauptstadt von Sansibar gegenüberliegende Gefängnis-Insel, von der aus die meisten Sklaven ausgeschifft wurden.

Stone Town war lange der größte Sklavenmarkt Ost­afrikas. Wo heute die erste anglikanische Kirche Ostafrikas, die imposante Kathedrale Christ Church steht, befand sich einst Sansibars Sklavenmarkt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden hier hunderttausende Afrikaner gegen ihren Willen von Stone Town in den Orient verschifft. 1698 übernahmen die Omaner die Herrschaft über die Insel und mit ihnen begann der Sklaven- und Gewürzhandel zu florieren. Sansibar wurde zum Knotenpunkt des Handels im Indischen Ozean. Der arabische Einfluss verstärkte sich noch, als der Sultan Sayyid Said seinen Herrschaftssitz von Oman nach Sansibar verlegte.

Der Verkauf von afrikanischen Sklaven lässt sich bis zurück in die Antike belegen. Zur Routine wurde er im siebten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, als der Islam in Nordafrika erstarkte – sieben Jahrhunderte, bevor die Europäer den Kontinent erforschten, zehn Jahrhunderte, bevor Westafrikaner über den Atlantik nach Amerika verkauft wurden. Bereits damals verkauften arabische Muslime in Nord- und Ostafrika gefangene Afrikaner in den Nahen und Mittleren Osten. Ab dem 17. Jahrhundert nahm der Sklavenhandel in Ostafrika richtig Fahrt auf. Immer mehr Händler aus Oman ließen sich auf Sansibar nieder, die Inseln nahmen wegen des großen Handels an der Suaheli-Küste eine immer wichtigere Rolle im internationalen Warenverkehr – und infolge dessen auch im Sklavenhandel – ein. So entstand der damals größte Sklavenmarkt Ostafrikas.

Die anglikanische Kathedrale Christ Church wurde in Stone Town an dem Ort errichtet, an dem der größte Sklavenmarkt Ostafrikas betrieben wurde. Ihr Altar wurde genau dort aufgestellt, wo die zum Verkauf stehenden Sklaven ausgepeitscht wurden. Außerhalb der Kathedrale befindet sich ein steinernes Denkmal, das vier am Hals gefesselte Menschen zeigt.

An der Eingangstür der Kathedrale befindet sich ein Schild mit der Aufschrift:

„Sie befinden sich auf dem Gelände des ehemaligen Sklavenmarktes, dem letzten offenen Sklavenmarkt der Welt und berüchtigten Ort, an dem Sklaven aus den Regionen Ost- und Zentralafrikas gekauft und verkauft wurden.“

Im Untergeschoss befinden sich die Kerker, in denen die zu verkaufenden Sklaven festgehalten wurden. Als sie noch genutzt wurden, gab es fünfzehn Räume, aber jetzt können nur noch zwei besichtigt werden: einer für Frauen und Kinder und ein anderer für Männer. Sie waren sehr kalt und die Bänke, auf denen die Sklaven am Hals oder an den Füßen gefesselt waren, waren aus Stein.

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