Der Kirchenvater Aurelius Augustinus schrieb um 427 n. Chr. ob der schieren Fülle seiner Bücher ein eigenes Buch ‚Retractationes‘ (dt. ‚Rückbesinnungen‘), in dem er rückblickend erläutert, was er früher falsch gesehen und geschrieben hatte. Dies erweist Augustinus nicht nur als sich entwickelnden und lernfähigen Denker, sondern auch als demütigen Christ, der seine Irrtümer und Fehler eingestehen kann.
Ich möchte mich im kleinen Umfang diesem Vorbild anschließen.
Ethik
Ethik. 8 Bde. 4. korr. Aufl. VTR: Nürnberg & RVB: Hamburg, 2009(4)
Gegenüber der 3. Auflage wurden vor allem die Lektionen 40 „Mann und Frau“ in Band 4, 47 „Homosexualität“ in Band 4, 48 „Erziehung und Vorbild“ in Band 5, 62 „Zur Todesstrafe“ in Band 6 bewusst geändert (wobei die grundsätzliche Seitennummerierung der Bände dadurch nicht geändert wurde). Ich bitte, sich bei Diskussionen nur noch auf die Neufassungen zu beziehen.
Bibeltreu oder der Bibel treu?
„Bibeltreu oder der Bibel treu? Glaubwürdigkeit und Irrtumslosigkeit der Schrift“. S. 45–58 in: Christian Herrmann (Hg.). Wahrheit und Erfahrung – Themenbuch zur Systematischen Theologie. Band 1. Wuppertal: R. Brockhaus, 2004 und die etwas ausführlichere Fassung in Bibeltreue in der Offensive: Die drei Chicagoerklärungen zur biblischen Unfehlbarkeit, Hermeneutik und Anwendung. Biblia et symbiotica 2. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 2004(2) wurde in ebd. 2009(3) um einige kritische Hinweise erweitert.
Chicago-Erklärung
Bibeltreue in der Offensive: Die drei Chicagoerklärungen zur biblischen Unfehlbarkeit, Hermeneutik und Anwendung. Biblia et symbiotica 2. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1993(1); 2004(2): Meine Einleitung mit dem Aufruf zur Übernahme der Bekenntnisse durch Organisationen wurde in der 3. Auflage 2009(3) gestrichen und durch einen neuen Text ersetzt, der unter anderem thematisiert, was man 30 Jahre später besser machen könnte und inwieweit die Chicagoerklärung amerikanische Einflüsse widerspiegelt.
Rudolf Antholzer
Rudolf Antholzer. Plädoyer für eine biblische Seelsorge. Schwengeler: Berneck (CH), 1986. Gemeinde Konkret Magazin 3/1986: Buch Konkret S. 9
Roland Antholzer, Thomas Schirrmacher. Psychotherapie – der fatale Irrtum. Schwengeler: Berneck (CH), 1993(1) bis 1997(3), dann unter dem Titel Was hilft wirklich? Biblische Seelsorge contra Psychotherapie. Schwengeler Verlag: Berneck (CH), 2001(4)
Zu meinem Teil „Abschaffung der Psychotherapie“. S. 10–94, der vor allem kritisch über Sigmund Freud berichtet, stehe ich nach wie vor. Es handelt sich um die Artikel „Die Abschaffung der Psychotherapie (1)“. Factum 10/1992: 14–18; (2) Factum 11+12/1992: 18–32; (3) Factum 1/1993: 28–32; 4 Factum 2/1993: 16-21. Diese hat der Verlag einfach zusammen mit einem Text von Roland Antholzer gedruckt, der eine völlig andere Position als ich vertritt, wie gerade an meinen Thesen am Ende deutlich wird, wo ich sage, dass eine schlechte Psychotherapie nur durch eine bessere und christlichere überwunden werden kann. Auch die weiteren Auflagen wurden nicht von mir autorisiert.
Scham- und Schuldkultur
„Kolumne: Scham- und Schuldkultur“. Professorenforum-Journal 3 (2002) 3: 22–23; „Scham- und Schuldkultur“. Querschnitte 14 (2001) 7 (Juli): 1–3 und ähnliche Beiträge und Vorträge: jetzt wesentlich ausgewogener, mit der Sprachregelung ‚schamorientierte‘ und ‚schuldorientierte Kultur‘, statt Scham- und Schuldkultur, in: „Die christliche Botschaft angesichts von schuld- und schamorientierten Gewissen“. S. 237–300 in: Thomas Schirrmacher, Klaus W. Müller (Hg.). Scham- und Schuldorientierung in der Diskussion: Kulturanthropologische, missiologische und theologische Einsichten. VKW: Bonn & VTR: Nürnberg, 2006; als eigenes Buch: Scham- oder Schuldgefühl? Die christliche Botschaft angesichts von schuld- und schamorientierten Gewissen und Kulturen. VKW: Bonn, 2005. zugleich idea-Dokumentation 8/2005
Reconstructionist View of Law
„The Reconstructionist View of Law“. Chalcedon Report Nr. 367 (Febr 1996): 16–18: Wegen des unglücklichen Titels siehe meine Stellungnahmen zu Christian Reconstruction in der Einleitung von: Anfang und Ende von ‚Christian Reconstruction‘ (1959–1995): Geschichte, Theologie und Aufsplitterung einer reformierten Bewegung. VKW: Bonn, 2001 (u. a. Abdruck von „Unsere Stellung zu Christian Reconstruction“. Querschnitte 1/1997: 1–2)
Zahl der Märtyrer
1998 bis 2000 habe ich in verschiedenen Veröffentlichungen die Zahl von 159.000, 163.000 und 165.000 christlichen Märtyrern pro Jahr zitiert. So wurde ich auch auf der Titelseite der BILD-Zeitung in der Hauptschlagzeile und S. 2 am 30.1.1999 zitiert. In „Zur Zahl der Märtyrer“, „Aktueller Nachtrag Oktober 2001“. S. 63–65 in: Christenverfolgung geht uns alle an: Auf dem Weg zu einer Theologie des Martyriums. Idea-Dokumentation 15/99. Idea: Wetzlar, 2001 (2. erweiterte Aufl.) (und der englischen Übersetzung ‚The Persecution of Christians Concerns Us All‘, 2001, 2. Aufl. 2009) und in „Zur Zahl der Märtyrer“. S. 144–146 in: Max Klingberg, Thomas Schirrmacher (Hg.). Märtyrer 2002: Das Jahrbuch zur Christenverfolgung heute. Idea-Dokumentation 7/2002. VKW: Bonn, 2002, sowie verschiedentlich an anderen Stellen habe ich aufgrund erster eigener Studien die von mir aus den USA zitierte Zahl von 159.000 bis 165.000 im Jahr 2001 öffentlich angezweifelt und seitdem nicht wieder verwendet. Ich halte die Zahl heute für noch unsinniger. Sie dürfte um zumindest das Zehnfache zu hoch sein.
Atlantis vor Helgoland?
In meinem Aufsatz „Lag Atlantis vor Helgoland“. Factum 5/1989: 201–207, überarbeitet abgedruckt S. 159–186 in: Zur Kritik der marxistischen Sagen- und Märchenforschung und andere volkskundliche Beiträge. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1991(1). 2002(2) habe ich die Helgoland-Atlantisthese von Jürgen Spanuth zwar kritisiert (wenn auch nicht deutlich genug) und auf die von Spanuth verschwiegene NS-Vorgeschichte, vor allem auf Heinrich Pudor, zurückgeführt, was gut dazu paßt, dass Spanuth auch in rechtsradikalen Verlagen publiziert hat. Erst zwei neuere Forschungsarbeiten von 1990 und 2001/3 haben aber das verzweigte Netz von Vorläufern aufgezeigt, die die Germanen mittels der Atlantistheorien als Genies der Vorzeit im Norden sahen oder schon direkt Helgoland einbezogen. Letztlich geht der gesamte Vorstellungskomplex auf die Theosophie zurück: Arn Strohmeyer. Roter Fels und Brauner Mythos: Eine deutsche Reise nach Atlantis. Frankfurt: Fischer, 1990
Franz Wegener. Das Atlantidische Weltbild: Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis. Politische Religion des Nationalsozialismus 1. Gladbeck: Kulturförderverein Ruhrgebiet, 2001(1); 2003(2)
Bibelkritik und Sünde
Bibelkritik und Sünde. Sonderdruck: Schriften des Bibelbundes (aus Bibel und Gemeinde 91 (1991) 2: 121–127). Verlag des Bibelbundes: Waldbronn, 1992 (das nur als die verbreitetste Version), ein Artikel, der an verschiedenen Stellen abgedruckt wurde. Seine Schärfe wurde bereits in meiner ‚Ethik‘ abgeschwächt, grundsätzlich heute dazu „Bibeltreu oder der Bibel treu“ (Fassung 2009), siehe oben.
Khasaren
„Die osteuropäischen Juden – Nachfahren der mittelalterlichen Khasaren?“ MBS Texte 23 (Ergänzungen zur Ethik). Bonn: Martin Bucer Seminar, 2004, auch unter www.bucer.eu
Ich bereite gerade eine völlig überarbeitete Fassung vor, wo ich aufgrund neuerer historischer und genetischer Befunde die These von Arthur Koestler endgültig ablehne.
Ägyptische Chronologie
Den folgenden Beitrag hätte ich nicht schreiben sollen, weil ich weder Alttestamentler noch Ägyptologe bin, auch wenn mir die Beschäftigung mit dem Thema große Einblicke verschafft und mir viel Spaß gemacht hat. Mir ist zum Glück niemand darin gefolgt … : „Das Verhältnis der ägyptischen zur israelitischen Chronologie“. Factum 5/1992: 40–46; Factum 6/1992: 33–41; „Auf dem Weg zu einer biblischen Chronologie der Kulturgeschichte: Das Verhältnis der ägyptischen zur israelitischen Chronologie“. Bibel und Gemeinde 91 (1991) 4: 390–427, auch als Sonderdruck: Schriften des Bibelbundes. Verlag Bibel und Gemeinde: Waldbronn, 1986; wiederabgedruckt in: Thomas Schirrmacher. Galilei-Legenden … VKW: Bonn, 1995 (Neuauflage ohne den Beitrag ist in Vorbereitung).
Billy Graham
„Ökumene durch Massenevangelisation: Billy Graham im Rampenlicht“. Bibel und Gemeinde 84 (1984) 4: 431–439, auch als Sonderdruck: Schriften des Bibelbundes. Verlag Bibel und Gemeinde: Waldbronn, 1985:
Au weia, wenn ich das heute lese, kann ich nur den Kopf über mich schütteln … Dieser Beitrag beruht zum einen auf einer falschen Sicht des Verhältnisses von Evangelisation und sozialer Verantwortung, zum anderen überwiegend auf Angaben aus Zeitungsberichten über Billy Graham. Heute weiß ich aus eigener leidiger Erfahrung, dass Zeitungs-berichte wenig wert sind, solange eine Person die dortigen Aussagen nicht tatsächlich bestätigt. Ich habe den Beitrag kurze Zeit darauf öffentlich widerrufen. Trotzdem wird er widerrechtlich und trotz Abmahnung immer wieder einmal nachgedruckt.
Ähnlich haarsträubend, wenn auch besser recherchiert, war meine Kritik an der Lausanner Bewegung, bei der ich schon lange selbst mitarbeite: „Mission und soziales Engagement“. Fundamentum 3/1982: 47–55
4 Kommentare
Ich habe zwar keine einzige der von Ihnen zitierten Schriften gelesen, wollte Ihnen aber dennoch schreiben, dass ich es sehr mutig und aufrichtig finde, dass Sie der Welt mitteilen, wo Sie sich geirrt haben und was Sie heute anders sehn.
Danke!
Widerrufen ist eine wunderbare Sache, falls es zu einer wahrheitshaltigen Korrektur gekommen ist. Ist Ihre heutige Sicht zu B. Graham’s Ökumeneanbiederung wirklich zum besseren mutiert? Oder Müssen Sie dies so sagen aus Rücksicht zum neuen Amt als Vorsitzender über die WEA?
1. Ich habe meine Schrift gegen Billy Graham von 1985 Anfang der 1990 widerrufen, was hat das mit meinem heutigen Amt zu tun? Im übrigen habe ich sie vor allem widerrufen, weil sie zu viele Fehler enthält, was unabhängig von irgendeiner Sicht von Billy Graham ist.
2. Offensichtlich kennen Sie mich nicht, sonst wüssten Sie, dass ich in den letzten 44 Jahren nur deswegen fast Hunderttausend Seiten veröffentlicht habe, weil ich mich nicht an dem ausrichte, was andere hören wollen, dann wäre es meist einfacher, schlicht und einfach zu schweigen.
Ihr Thomas Schirrmacher