Thomas Schirrmacher gratuliert Erzbischof Anastasios zum Hemmerle-Preis 2020 im Aachener Dom © BQ/Esther Schirrmacher

„Die Orthodoxe Autokephale Kirche von Albanien gibt in tiefster Trauer bekannt, dass Seine Seligkeit, Erzbischof Anastasios von Tirana, Durrës und ganz Albanien, im Herrn entschlafen ist. Seine Seligkeit ist heute, am 25. Januar 2025, um 8.30 Uhr, im Alter von 95 Jahren im Evangelismos-Krankenhaus in Athen aufgrund eines multiplen Organversagens nach einem längeren Krankenhausaufenthalt im ‚Hy­geia‘-Krankenhaus in Tirana im Herrn entschlafen. Der unvergessliche Erzbischof Anastasios stellte die orthodoxe autochthone Kirche Albaniens wieder her und erneu­erte sie, die er nach dem Sturz des atheis­tischen Regimes aus ihren Trüm­mern auferstehen ließ. Durch seine von Gott inspirierte Vision und seine unermüdliche Arbeit baute er das kirchliche Leben von Grund auf wieder auf, errichtete Hunderte von Kirchen, gründete Bil­dungs- und Wohltätigkeits­einrichtungen, bildete neue Geistliche aus und weihte sie, wobei er über dreiunddreißig Jahre lang unermüdlich seinen geist­lichen Dienst versah.“

Ein Nachruf von Thomas Paul Schirrmacher

Als Erzbischof Anastasios 2020 im Aachener Dom den Hemmerle-Preis der Fokolar-Bewegung erhielt, bezeichnete ich ihn als „einen der wichtigsten Missions- und Reli­gions­wissenschaftler“ und „einen Pionier der Ökumene und des interreligiösen Dialogs“, aber auch als einen meiner Mentoren und „väterlichen Freund“. Die Tatsache, dass er selbst im Laufe von drei Jahrzehnten als Missionar und Pastor die Kirche in Albanien aus dem Nichts wieder aufgebaut hat, zeigt die tiefe Überzeugung, aus der heraus er schrieb. Ich halte Anastasios’ Berufung für einen Glücksfall für ganz Albanien.

Erzbischof Yannoulatos – so sein ursprünglicher Na­me – stammt aus Grie­chenland. Er arbeitete als Missionar und Friedens­stifter in Afrika. 1991 wurde er nach Albanien entsandt, um die zerstörte autoke­phale orthodoxe Kirche nach Jahren des rigiden, staatlich sanktionierten Athe­ismus wieder aufzubauen. 1992 wurde Yannoulatos vom Ökumenischen Patri­archen Bartholomäus zum Erzbischof von Tirana, Durrës und ganz Albanien ernannt, eine der vielen klugen und weit­reichenden Entscheidungen dieses Giganten der Kirche Gottes.

Den Worten von Rev. Prof. Dr. Jerry Pill, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, zu seinem Tod kann man nur zustimmen:

„Heute erinnern und ehren wir nicht nur die intellektuellen und institutionellen Leistungen und das ökumenische Enga­gement von Erzbischof Anastasios, sondern auch seinen wunderbaren, warmherzigen Geist, der ihn immer wieder befähigte, Kanäle der Versöhnung, der Er­neuerung und des Dialogs zu öffnen, auch und ge­rade in schwierigen Zeiten und an schwierigen Orten. Er hin­terlässt unserer welt­weiten Gemeinschaft ein inspi­rierendes und bewun­dernswertes Vermächtnis als wahrer christlicher Zeu­ge für Frieden, Ge­rech­tigkeit und Versöh­nung.“

Erzbischof Anastasios war aktiv an der Planung und Einberufung des Heiligen und Großen Konzils der autokephalen orthodoxen Kirchen im Juni 2016 beteiligt, dem ich bei­woh­nen durfte. Anastasios war ein produktiver Theo­loge und Autor von zwei Dut­zend Büchern in mehreren Sprachen. Er war vielleicht am besten dafür bekannt, dass er sich mit inter­reli­giösen Fragen und dem Dialog auseinan­dersetzt, wie in seinem 2003 er­schienenen Band ‚Facing the World: Ortho­dox Chris­tian Essays on Global Concerns‘ (ÖRK-Verlag, 2003). Seine frü­hen Erfahrungen in Afrika veranlassten ihn, in seinem 2007 erschienenen Buch ‚Mission in Christ’s Way‘ (ÖRK-Verlag) das gesamte Missionswerk neu zu überdenken. In seinem jüngsten Buch, Coexistence (2022 in sechs Sprachen erschienen), stellt er Überlegungen zu Krieg, Armut, Terrorismus, Korruption, Unge­rechtigkeit, Globa­li­sie­rung und zeigt eine Alternative auf.

2015 war er Gastgeber der Konsultation des Global Christian Forum in Tirana. Die enge Zusammenarbeit mit ihm war für alle Beteiligten eine Freude, trotz des Themas der Solidarität mit Kirchen und Christen, die in der heutigen Welt Diskriminierung und Ver­folgung erfahren. Als ich seine Rede hörte und später ver­öffentlichte, war ich erstaunt über den evangelikalen und biblischen Geist seiner Bibelexegese und Theologie.

2017 hatten wir das Privileg, die Mitgliedschaft in der Königlichen Ghassan-Akademie der Künste und Wissenschaften zu verleihen, wobei die Urkunde besagt:

„Überreicht an Seine Seligkeit Anastasios Yannoulatos … in Anerkennung und Bestätigung der Wahl zum Ehrenmitglied auf Lebenszeit der Königlichen Akademie für herausragende Leistungen und die Förderung der Künste und Wissenschaften als Weltklasse-Professor für Missionen während seines ganzen Lebens, sogar als Leiter einer autokephalen Kirche, sowie für die Förderung der ökumenischen Bewegung weltweit.“

 

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