Bonn (IDEA) – Der Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), Prof. Thomas Schirrmacher (Bonn), hat sich von der Position des Theologieprofessors Thorsten Dietz (Marburg) im Bezug auf gelebte Homosexualität abgegrenzt.
Zum Hintergrund: Beim 11. Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge Anfang Mai in Würzburg hatten sich sowohl Prof. Dietz als auch Pfarrer Rolf Sons (Flein) jeweils in einem Seminar mit dem Thema befasst.
Sons vertrat die Ansicht, dass homosexuelle Christen im Umgang mit ihrer Sexualität Verzicht üben und zölibatär leben sollten. Denn der Bibel zufolge sei „der einzig legitime Ort für die Sexualität die Ehe von Mann und Frau“.
Dietz äußerte, es sei nicht gerecht, homosexuell empfindende Menschen anders zu behandeln als Heterosexuelle. Aussagen der Bibel zur Homosexualität ließen sich nicht auf ein modernes Verständnis einer ebenbürtigen, wechselseitigen und hierarchielosen Partnerschaft zwischen Homosexuellen anwenden.
In dem Zusammenhang verwies Dietz auf eine Aussage von Schirrmacher und zitierte den WEA-Generalsekretär wie folgt:
„Was im Alten und im Neuen Testament beschrieben wird, ist eine Sexualität, die heute auch jeder Homosexuelle in einer Partnerschaft ablehnen würde. Sie ist verbunden mit Abhängigkeitsverhältnissen, Gewalt, Vergewaltigung, Missbrauch von Minderjährigen, religiösem Machtmissbrauch. Was wir heute unter einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft verstehen, hat es damals so nicht gegeben.“
Schirrmacher: Die Mehrheit der Weltchristenheit in dieser Frage nicht bedrängen
Schirrmacher teilte nun gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA mit, dass das Zitat in diesem Kontext so verstanden werden könnte, als wenn er die Position von Dietz teile. Deswegen wolle er, so Schirrmacher, deutlich machen, „dass ich die Position von Rolf Sons teile, wie meine Veröffentlichungen zum Thema belegen“. Das von Dietz aufgeführte Zitat stamme aus einem chrismon-Interview von 2019. Anschließend habe er, so Schirrmacher, seine Position in einem Interview noch einmal deutlich formuliert.
Die Position von Sons sei nicht nur die Position der großen Mehrheit der Evangelikalen und der WEA, sondern darüber hinaus im ökumenischen Bereich auch des Vatikans, des Ökumenischen Patriarchats der Orthodoxen Kirchen und der Mehrheit der Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen. Da Weltreligionen und globale Kirchenverbände keine politischen Parteien seien, die jährlich auf Parteitagen ihre Positionen dem „Markt“ anpassten, werde sich daran voraussichtlich auch auf Dauer nichts ändern.
Schirrmacher weiter:
„Für das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Positionen in dieser Frage in unterschiedlichsten Gesellschaften weltweit empfehle ich, dies zu respektieren und mit friedensgewillten Partnern wie der WEA und dem Vatikan zusammen zu arbeiten, die etwa die Würde und Menschenrechte aller betonen, statt vergeblich zu versuchen, die Weltreligionen und die Mehrheit der Weltchristenheit zu bedrängen oder gar zu zwingen, ihre Sichtweise in einer Grundlagenfrage zu ändern.“