In Vorbereitung auf das Jubiläumsjahr 2033

Es ist die Auferstehung Jesu Christi, die den Unterschied zwischen einer Kirche als humanitäre Mega-NGO in dieser Welt, in der Menschen das Gute bewirken wollen, und einer Kirche als Ausfluss dessen, was nur Gott ist und kann, markiert. Denn hinter der Auferstehung steht die sie ermöglichende unendliche Schöpferkraft Gottes, die lebensspendende Kraft des Heiligen Geistes. Der Geist Gottes, der bereits bei der Erschaffung der Welt und der Erschaffung des Menschen das Wort Gottes in die Tat umsetzte, schafft sowohl das neue Leben in der Auferstehung und damit das ewige Leben, als auch die Kirche als die Gemeinschaft derer, die an das ewige Leben glauben.

1. „Etliche aber zweifelten …“

In Mt 28,5–7 teilt der Engel den Frauen am Grab mit, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und sie ihn in Galiläa treffen werden. Daraufhin gehen die elf Jünger an den Treffpunkt in Galiläa (Mt 28,16). Sie beten Jesus an, einige haben aber ihre Zweifel (Mt 28,17). Was für eine komische Truppe! Sicherlich nicht die Avantgarde, mit der man die ganze Welt erreichen kann, nicht die Leute, die man mit dem größten denkbaren Auftrag der Geschichte bevollmächtigen will.

Mt 28,5 Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. (6) Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat; (7) und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, dass er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.

Mt 28,16 Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. (17) Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

Mt 28,18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. (19) Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes (20) und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Der Weg von der Auferstehung zum Missionsauftrag, die ganze Welt zu erreichen, führt also nicht über die Apostel oder die Genialität oder Vorbildlichkeit irgendwelcher Menschen, sondern über die Inthronisierung Jesu Christi.Deswegen sagt Jesus: „Mir“, also nicht euch!; „Mir ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben worden“ (Mt 28,18). Nur daraus folgert das „darum“: „Darum geht in alle Welt …“. Die unglaubliche Kühnheit des Missionsbefehls folgt nicht aus der Besonderheit der elf Jünger, sondern aus Jesu Vollmacht, die sich aus der Auferweckung von den Toten ergibt.

Der auferstandene Jesus Christus allein ist der Garant für die Erfüllung des Missionsbefehls, nicht seine Nachfolger,auch nicht alle zusammen als Kirche bzw. Leib Christi. Jesus Christus begründet die Weltmis­sion damit, dass er nun „alle Macht im Himmel und auf der Erde“ (Mt 28,18) hat und dass er für immer bei seiner Ge­meinde ist (Mt 28,20).

2. Der Missionsbefehl ist Prophetie und Bevollmächtigung

Der Missionsbefehl ist deswegen nicht nur Befehl oder besser Bevollmächtigung, er ist vor allem Verheißung, ja Prophetie. Jesus selbst wird dafür sorgen, dass alle Völker zu Jüngern werden, denn – so sagt Jesus – „… ich werde meine Ge­meinde bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwäl­tigen“ (Mt 16,18) und das Neue Testament prophezeit: „auf sei­nen Namen werden die Nationen hoffen“ (Mt 12,21; ähnlich Röm 15,12). Gott kennt kein An­sehen der Person, „denn dafür arbeiten und kämpfen wir, weil wir auf einen le­bendigen Gott hoffen, der ein Ret­ter allerMenschen ist, besonders der Gläubigen“ (1Tim 4,10).

Die Auferstehung schafft also nicht nur das Evangelium und die Erlösung – ohne Auferstehung wäre die Kreuzigung Jesu folgenlos geblieben –, sondern die Auferstehung schafft auch die Voraussetzung für den gigantischsten Auftrag, den Menschen je erhalten haben. Er gilt allen Völkern, Nationen, Ethnien, Kulturen, Sprachen und Dialekten, wie die Erfüllung in der prophetischen Schau des Apostels Johannes deutlich macht: „Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen, und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm!“ (Offb 7,9–10; ähnlich Offb 5,9–10; 10,11; 11,9; 13,7; 14,6; 17,15).

Die Offenbarung ist dabei zugleich die Fortschreibung und Erfüllung der erhabenen Prophetien des alttestamentlichen Buches Daniel (vor allem Dan 2; Dan 7).

Der geistliche Erfolg der Weltmission als Ergebnis der un­sichtbaren Herrschaft Jesu Christi ist von Jesus garan­tiert worden und ruht nicht auf menschlichen Aktivitäten oder dem Zustand der Kirchen. Der geistliche Erfolg der Weltmission be­glaubigt die Herrschaft Jesu.

3. Die Auferstehung ist das Evangelium

Die Auferstehung ist der Kern des Evangeliums. Schauen wir uns zwei Beispiele an, wie der Apostel Paulus das darstellt und begründet.

Paulus macht im Brief an die Epheser (1,18–23) unmissverständlich deutlich, dass die unendliche Macht Gottes von der Auferstehung Jesu her zur verändernden Kraft für jeden Glaubenden wird und der Leib Christi nur etwas Besonderes ist, weil der lebendige Christus ihr Haupt ist.

Eph 1,18 Er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist (19) und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns, die wir glauben, weil die Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde, (20) mit der er in Christus gewirkt hat. Durch sie hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel (21) über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. (22) Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, (23) welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.

Im Brief an die Römer stellt Paulus das Evangelium ausführlich dar und verteidigt es gegen Kritik. Als Paulus sich dafür zu Beginn des Römerbriefes vorstellt (Röm 1,1–5), macht er deutlich, dass das Evangelium untrennbar damit verbunden ist, dass Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist und dies im Triumph der Auferstehung Jesu zum Ausdruck kommt: Jesus ist einerseits Mensch, geboren „aus der Nachkommenschaft Davids nach dem Fleisch“, andererseits „Sohn Gottes … nach dem Geist der Heiligkeit“ „durch die Auferstehung von den Toten“ (Röm 1,3–4). Die Auferweckung Jesu von den Toten ist hier die zentrale Beglaubigung Jesu und Ausgangspunkt des Evangeliums.

Röm 1,1 Paulus, ein Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, zu predigen das Evangelium Gottes, (2) das er zuvor verheißen hat durch seine Propheten in der heiligen Schrift, (3) von seinem Sohn Jesus Christus, unserm Herrn, der geboren ist aus dem Geschlecht Davids nach dem Fleisch, (4) und nach dem Geist, der heiligt, eingesetzt ist als Sohn Gottes in Kraft durch die Auferstehung von den Toten. (5) Durch ihn haben wir empfangen Gnade und Apostelamt, in seinem Namen den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden.

So freundlich und respektvoll wir als Christen auch allen Menschen gegenüber sein wollen und müssen (1Petr 3,14–17) und so sehr wir die Menschenwürde aller Menschen unterstreichen: Unser Markenzeichen ist der auferstandene Sohn Gottes Jesus Christus und seine Vollmacht, die dazu führt, dass die Kirche Jesus Christi allein als Kirche des Evangeliums, der Frohen Botschaft vom Heil in Jesus Christus, also als missionarische Kirche eine Existenzberechtigung hat.

4. Jesus bereitete seine Jünger von Anfang an auf Auferstehung, Missionsbefehl und Pfingsten vor

Blicken wir deswegen zurück, wieso Jesus sich in Mt 28,18–20 überhaupt an die „Zwölf“ bzw. seine inzwischen nur noch elf Jünger bzw. Apostel wandte:

Jesus erwählte die zwölf Jünger/Apostel ‚nur‘, um sie für ihre Aufgabe der Weltmission vorzuberei­ten.

Jesus erwählte die Apostel, „damit sie bei ihm seien und da­mit er sie aus­sende“ (Mk 3,13–16). Die inten­sive Schulung im Zusam­menleben und -arbeiten mit Jesus zielte also von Anfang an auf den Missionsbefehl und die selbstständige Aussendung der Jünger ab. Die Ausbildung der Jünger zu Missiona­ren, in­dem sie einige Jahre mit dem Missionar schlechthin, Je­sus Christus, zusammen­lebten und -arbeiteten, ge­schah nicht wahl­los und zu­fällig, son­dern offensicht­lich nach ei­nem bewussten Plan Jesu. Deut­lich wird das vor allem daran, dass (1) Jesus zu­erst alleine ver­kündigt, (2) dann verkündigt, während seine Jün­ger zu­schauen, (3) schließlich seine Jünger ver­kündigen lässt, wäh­rend er beobach­tet, (4) sodann seine Jünger auf kurze Zeit be­fristet allein aus­sendet und an­schließend dar­über spricht und sie erst (5) dann ganz alleine aus­sendet (wobei er als er­höhter Herr natürlich bei ihnen bleibt, Mt 28,20). Die Jün­ger began­nen dar­aufhin, das­selbe mit anderen Chri­sten zu tun. Die erste, be­fristete Aus­sendung wird in Mt 10,1–11,1; Mk 6,7–13; Lk 9,1–6 be­richtet. Jesus „sandte aus“ (Mt 10,5) und „fing an, sie zu zwei und zwei auszusenden“ (Mk 6,7).

Das wichtigste Anliegen Jesu zwischen seiner Aufer­stehung und seiner Himmelfahrt war die Weltmis­sion.

Alle vier Evangelisten überliefern für die Zeit zwischen Jesu Auferste­hung und seiner Himmelfahrt praktisch nur verschieden­artige Missionsbegründungen und Missi­onsbefehle als Beauftragung der Jünger Jesu zur Welt­mission (vor allem Mt 28,16–20; Mk 16,15–20; Joh 20,11–21,24, bes. 20,21–23; Lk 24,13–53, bes. 24,44–49; Apg 1,4–11).

Die verschie­denen Äußerungen Jesu zur Weltmission zeigen, dass Jesus in dieser Zeit in im­mer neuen Formen die durch sein stellver­tretendes Op­fer am Kreuz und die Auferweckung von den Toten durch seinen Vater im Himmel ermöglichte Weltmission als wichtig­stes Ergebnis seines Leidens, Sterbens und Auferstehens verkündigte.

5. Christen haben von Amts wegen immer die ganze Welt im Blick

Christen sind deswegen Weltbürger! Christen haben von Amts wegen immer die ganze Welt im Blick, nie nur ihre eigene Familie, ihr eigenes Volk, ihre eigene Sprache, ihren eigenen Staat, ja auch nicht ihren jeweiligen Flügel der Weltchristenheit. Sie glauben nämlich nicht an eine Stammesgottheit, sondern an den Schöpfer, der die ganze Welt und alle Völker erschaffen hat und alle erlösen will (1Mose 1,1; Joh 3,16; Mt 28,18–20; Offb 4,11; Offb 21,1). Sie gehören auch nicht zu einem Privatklub mit engstirnigem Anliegen, sondern zur internationalen Gemeinde Jesu, die an keine Sprache, kein Volk, keine Kultur, keine soziale Schicht, kein Alter und kein Geschlecht und nichts, was Menschen sonst trennt, gebunden ist (Röm 1,14; Eph 1,13–14; Offb 5,9–10; Offb 21,24–25). Und sie gehören zu der Gemeinde, die einen Auftrag bekommen hat, wie er größer und internationaler nicht zu denken ist: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Schülern alle Völker“ (Mt 28,18).

Christen wollen jede einzelne Seele, jeder Persönlichkeit, ebenso wie die ganze Welt „retten“, bevollmächtigen und zu einem wahrhaft würdigen Leben anstiften, und dies unsichtbar wie sichtbar! Ihr Blickwinkel ist der privateste, den es gibt, und zugleich der öffentlichste. Es geht um die Beziehung des Einzelnen zu Gott und um die Beziehung der ganzen Welt zu Gott. Es geht um das ganz private Gespräch des Einzelnen mit Gott und die weltumspannende Kirche Jesu, die Gott gemeinschaftlich und öffentlich anbetet. Es geht um die Beziehung zu dem nächsten Mitmenschen ganz konkret und um die Beziehung zu allen Mitmenschen.

Auch wenn das persönliche Heil das erste und vorrangige Ziel der Mission ist, bedeutet dies nicht, dass es keine weitergehenden Ziele geben dürfe, son­dern umgekehrt gewinnen alle wei­tergehenden Ziele von hier her ihre Bedeutung. Der inneren Transformation folgt die äußere, der Transformation des Einzelnen folgt die Transformation immer größerer Lebensgemeinschaften.

Der Missionsbefehl nach Matthäus (Mt 28,18–20) beinhaltet die Aufforderung, alle Menschen „zu Ler­nenden“ (‚Jüngern‘) zu machen. Dazu gehört im ersten Schritt eine persönliche Anspra­che und Um­kehr, kann die Taufe auf den Namen des drei­einigen Gottes doch nur an einzelnen vollzogen werden, die aber keiner privat mit sich allein vollziehen kann, sondern die von Mitgliedern der bereits bestehenden Gemeinde Jesu an ihm vollzogen wird. Dennoch sollen gerade auf diesem Weg letztendlich ganze „Völker“ gewonnen wer­den, so dass ein ho­her Prozentsatz an Christen in einem Volk nicht der persönlichen Um­kehr zu Gott wi­derspricht.

Außerdem ist die persönliche Umkehr zu Gott nicht Endpunkt, sondern Aus­gangspunkt einer persönli­chen Erneuerung und ei­ner Erneuerung und Transformation von Familie, Kir­che, Wirtschaft, Staat und Ge­sellschaft, sollen doch alle Men­schen „zu Ler­nenden“ (‚Jüngern‘) werden. Wenn Jesus seine Jünger auffordert: „und lehret sie alles zu hal­ten, was ich euch befohlen habe“ (Mt 28,20), so endet der Missionsbe­fehl mit der Aufforde­rung, die ge­samte Bandbreite der biblischen Ethik zu vermitteln. Da­durch wird der Einzelne, sein Alltag und seine Umwelt ebenso ver­ändert und transformiert, wie auf Dauer sündige Struktu­ren und sichtbare Un­gerechtigkeit überwunden werden.

Text-Download: englischdeutschspanischfranzösisch