„Diesen Menschen ist schwerstes Unrecht widerfahren“
Die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG), das Menschenrechtszentrum Cottbus (MRZ), die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und die Memorial Foundation Victims of Communism (VIC) veranstalteten ein Tribunal „Zwangsarbeit in politischer DDR-Haft“. Die hochkarätig besetzte internationale Jury hörte zwei Tage lang Fachvorträge und befragte 14 Zeugen. Am Ende verfasste die Jury die „Cottbuser Erklärung zur DDR-Zwangsarbeit“.
Thomas Schirrmacher, Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, kommentierte das Ergebnis gegenüber der Presse:
„Fast alle Anträge auf Anerkennung von posttraumatischen Erkrankungen infolge von Zwangsarbeit wurden und werden bislang abgelehnt, und viele ehemalige politische Gefangene der DDR sind darüber verzweifelt. Die Langatmigkeit, ja Lahmheit, mit der die Behörden diese Anträge bearbeiten, ist erschreckend, ja menschenverachtend. Der wichtige Passus dieser Erklärung ist daher meines Erachtens die Forderung nach Umkehr der Beweislast im Falle von hafttypischen Folgekrankheiten durch die Zwangsarbeit.“
Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), begrüßte die Cottbusser Erklärung mit den Worten:
„Es ist wichtig, dass im 30. Jahr der Deutschen Einheit die Ausbeutung von politischen Gefangenen durch Zwangsarbeit nicht in Vergessenheit gerät. Viele der ehemaligen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen haben schwere körperliche und seelische Schäden zurückbehalten. Die Jury war in der Beratung und in ihren Forderungen einig. Diesen Menschen ist schwerstes Unrecht widerfahren, und sie benötigen Hilfe und Unterstützung.“
Dr. Susanne Kill, seit 1999 Leiterin der „Konzerngeschichte / Historischen Sammlung“ bei der Deutsche Bahn AG und Autorin des Buches „Die Reichsbahn und der Strafvollzug in der DDR“ sprach über „Häftlingszwangsarbeit für die Deutsche Reichsbahn der DDR“. Weitere Fachvorträge zu „Zwangsarbeit politischer Häftlinge in der SED-Diktatur“ hielten Dr. Jan Philipp Wölbern, Universität Potsdam und Spezialist für den Häftlingsfreikauf zwischen DDR und BRD, und Dr. Christian Sachse.
Außerdem sprachen Maria Nooke, die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, und Birgit Neumann-Becker, die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Birgit Neumann-Becker stellte zugleich die Wanderausstellung des Landes Sachsen-Anhalt vor, die in Cottbus aufgestellt worden war und bestellt werden kann.
Die Jury besteht aus:
- Dr. Matthias Bath, 1988–2007 Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Berlin, ehemaliger politischer Häftling
- Peter Heidt, MdB, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag
- Prof. Dr. Huige Li, stellvertretender Direktor des Instituts für Pharmakologie der Universitätsmedizin Mainz, geboren in China
- Bada Nam, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation PSCORE, Südkorea
- Wladimir Nowitzki, Rechtsanwalt aus Moskau, Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Sektion Russland
- Carla Ottmann, stellvertretende Bundesvorsitzende der UOKG, ehemalige politische Gefangene in Hoheneck, ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht Berlin
- Dr. Klára Pinerová, Historikerin, Institut für das Studium totalitärer Regime der Tschechischen Republik in Prag
- Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher, Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Experte für Menschenhandel
- Marion Smith, Geschäftsführer von Victims of Communism, Memorial Foundation, US Congress
- Arnold Vaatz, MdB, seit 2020 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSUBundestagsfraktion, ehemaliger DDR-Bürgerrechtler, tonangebend bei der Wiederbegründung des Freistaates Sachsen
Cottbusser Erklärung zur DDR-Zwangsarbeit vom 13. September 2020
200913_Cottbuser-Erklärung-zur-DDR-Zwangsarbeit_2020_mit_UnterschriftenWeitere Links
- Eröffnungsvorträge der Veranstaltung
- Presserklärung der UOKG
- Internetseite des Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
- Meldung der Bundeszentrale für politische Bildung
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